Art of Revenge - Mein Körper gehört mir(M.F.A.)
mit
Francesca Eastwood, Clifton Collins Jr., Leah McKendrick, Peter Vack, David Sullivan, David Huynh, Marlon Young, Jess Nurse, Mary Price Moore, Melanie BrittonRegie:
Natalia LeiteDrehbuch:
Leah McKendrickKamera:
Aaron KovalchikMusik:
Sonya BelousovaFSK 16
USA / 2017Als die junge Kunststudentin Noelle von ihrem charmanten Kommilitonen Luke auf eine Party eingeladen wird, ahnt sie nicht, dass diese Nacht ihr Leben für immer verändern wird - das romantische Techtelmechtel mit dem attraktiven Mittzwanziger endet in einer brutalen Vergewaltigung. Niemand schenkt der einst so lebensfrohen Studentin Glauben, und so durchstreift Noelle getrieben von unbändiger Wut den nächtlichen Campus, und fortan ist kein Mann, der je einer Frau Leid angetan hat, seines Lebens mehr sicher.Rape and Revenge Filme haben seit jeher ihren ganz besonderen Reiz, was in erster Linie sicherlich in der zu Grunde liegenden Thematik begründet ist. Zumeist versucht man in diesen Beiträgen mit visueller und expliziter Härte den Zuschauer an sich zu binden, so wie es beispielsweise in der "I Spit on your Grave" Reihe zu beobachten ist. Das man allerdings auch einen etwas anderen Weg einschlagen kann wird mit dem vorliegenden "Art of Revenge - Mein Körper gehört mir" von Natalia Leite eindrucksvoll unter Beweis gestellt, in dem der Fokus einmal nicht auf extreme Brutalitäten gelegt ist. Selbstredend geht einem die Passage der Vergewaltigung unter die Haut, aber ansonsten hält man sich mit Gewaltspitzen eher vornehm zurück. Stattdessen wird das Hauptaugenmerk ganz eindeutig auf die Hauptfigur Noelle gelegt, die von einer glänzend aufspielenden Francesca Eastwood dargestellt wird. Sie spielt eine junge Kunststudentin die auf einer Party vergewaltigt wird und danach entsetzt feststellen muss das ihr niemand glauben will. Von diesem Zeitpunkt an geht eine an manchen Stellen schon fast furchteinflössende Veränderung in der jungen Frau vor, die am Ende des Filmes von ihrem Kunstprofessor ungewollt, aber nahezu perfekt in Worte gefasst wird. Dieser bezeichnet sie nämlich während einer Rede bei der Abschlussfeier als Studentin, die in letzter Zeit eine regelrechte Transformation durchgemacht hat und das trifft den Nagel auch genau auf den Kopf.
Schon frühzeitig erkennt man dabei die Wesensänderung der jungen Frau, denn nach ihrem furchtbaren Erlebnis erlebt sie die verschiedensten Facetten eines Opfers. Was zunächst noch Ohnmacht und die totale Hilflosigkeit ausdrückt, verwandelt sich mit zunehmender Laufzeit in eine absolute Eiseskälte gegenüber Vergewaltigern, was Frau Eastwood absolut grandios zum Ausdruck bringen kann. Im Gegensatz zu anderen ihr bekannten Opfern die das eigene Martyrium einfach nur vergessen wollen nimmt sie das Heft des Handelns in die Hand. Sie schwingt sich förmlich zur selbst ernannten Rächerin ihrer Leidensgenossinen auf, was den Tätern nicht unbedingt zu Gute kommt. Diese werden nach und nach für ihre Übergriffe bestraft und obwohl die Geschichte an dieser Stelle nicht auf übermäßig harte Aktionen zurückgreift, macht sich ein hohes Maß an Intensität breit. Natalia Leite verlässt sich hierbei ganz und gar auf ihre stark auftrumpfende Hauptfigur, beschäftigt sich aber gleichzeitig auch mit dem Aspekt, wie die Gefühlswelt der anderen Vergewaltigungsopfer aussieht.Dieser Punkt hätte allerdings durchaus noch tiefgehender behandelt werden können, denn leider wird lediglich an der Oberfläche der Thematik gekratzt. Das mag sicherlich an der Omnipräsenz der Hauptdarstellerin und ihrer Handlungen liegen, denn als Zuschauer kann man gar nicht anders, als sich mit der Figur von Noelle auseinander zu setzen. Diese Auseinandersetzung versetzt einen dann unwillkürlich in eine Art Zwiespalt, denn kann man einerseits ihre Taten vom menschlichen Standpunkt her durchaus nachvollziehen, so darf die an den Tag gelegte Selbstjustiz aber dennoch nicht als legales Mittel her halten, um die Täter einer Bestrafung zuzuführen.
Trotzdem gelingt es Leite ziemlich geschickt den Betrachter auf die Seite der Opfer zu ziehen, denn wenn man während des Filmes sieht, das Vergewaltigungen sogar im Internet zu begutachten sind, dann kann in einem schon die kalte Wut aufsteigen. Man fragt sich an dieser Stelle unweigerlich in was für einer Welt wir leben, wenn Männer ihre "Heldentaten" auch noch für jeden ersichtlich ungestraft der Öffentlichkeit preisgeben. Wie krank und pervertiert ist eine solche Welt und wie müssen sich erst die Frauen fühlen, wenn diese Männer noch nicht einmal gesetzlich belangt werden können? Auch dieser Aspekt wird gut in Szene gesetzt, wobei die Begründung für die Straffreiheit eher kurz und knapp erläutert wird. Insbesondere dadurch erhält das Ganze einen äußerst bitteren Beigeschmack, was vor allem für das weibliche Geschlecht schwer zu verdauen sein dürfte. Aber auch als Mann fühlt man sich bei so viel Ungerechtigkeit einer Ohnmacht nahe und verspürt ein stark beklemmendes Gefühl, das wie eine zentnerschwere Last auf den Schultern liegt.
Das die Taten von Noelle Konsequenzen nach sich ziehen dürfte logisch sein, allerdings trifft dies längst nicht nur auf die Täter der sexuellen Übergriffe zu. Gerade zum Ende hin kristallisiert sich nämlich heraus, das ihr Handeln ebenso Konsequenzen für ihre beste Freundin als auch für sie selbst nach sich zieht. Und so wird man letztendlich mit sehr zwiespältigen Emotionen aus diesem Film entlassen, der einen auch lange nach Beendigung der Sichtung noch stark beschäftigt. "Art of Revenge - Mein Körper gehört mir" ist ein echter Tiefschlag in die Eingeweide und schafft es spielerisch, den Zuschauer von der ersten bis zur letzten Minute regelrecht an sich zu fesseln. Dieser Film stimmt wirklich nachdenklich und wirft dabei auch einige Fragen auf, die rein objektiv nur schwer zu beantworten sind. Getragen wird dieses Werk nicht nur durch seine jederzeit spannend erzählte Geschichte, sondern in erster Linie von einer grandios auftrumpfenden Francesca Eastwood, die dem Ganzen ganz unweigerlich ihren persönlichen Stempel aufdrückt.
Fazit:Rape and Revenge Filme funktionieren beileibe nicht nur durch explizit dargestellte Gewaltexzesse und für diese Behauptung liegt hier das absolute Paradebeispiel vor. Regisseurin Natalia Leite geht einen etwas anderen Weg, ohne ihrer Erzählung dadurch Kraft, Wucht, oder Intensität zu rauben. Wer eine Vorliebe für Filme mit der vorliegenden Thematik hat sollte hier unbedingt zugreifen, denn ansonsten verpasst man eine Produktion die es wirklich in sich hat.
9/10